ForsideBøgerSchloss Gottorp : ein nordischer Fürstensitz

Schloss Gottorp
ein nordischer Fürstensitz

Forfatter: Robert Schmidt

År: 1887

Forlag: Ernst Homann

Sted: Kiel

Sider: 135

UDK: st.f. 725.17 sch

Mit vielen Lithographien und Lichtdrucken

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Side af 143 Forrige Næste
entgegen, und wir können in einigen Zweigen der Kunst einen langewährenden, interessanten Kampf verfolgen, in dem sich der gothische Geist noch ziemlich lange behauptet und die Renaissance-Motive zunächst nur als auf- gelegte Decoration verwendet werden. Es handelt sich noch für eine geraume Zeit nicht um eine Ablösung und völlige Beseitigung des alten Stils durch den neuen, sondern nur um eine Herrschaft des einen über den andern. Zugleich aber auch bekämpfen sich italienische und holländische Renaissance und später auch das Barock bei der Besitzergreifung der norddeutschen Tiefebene mit fast gleichem Erfolge, indem die eine Form hier, die andere dort siegreich blieb. Für Gottorp begann dieser Kampf besonders mit dem von dem Herzoge Adolf veranlassten Aufbau des Nordflügels und wurde erst mit dem unter dem Herzoge Friedrich IV. von 1698—1702 errichteten Neubau des Südflügels, durch welchen die Symmetrie der italienischen Bauweise zum Siege gelangte, beendet. Die deutsche Renaissance erscheint im Gegensatze zu der italienischen, welche, um 1425 beginnend und bis etwa 1580 sich über ganz Europa ausbreitend, vor allem zu einer regelmässigen und klaren Anlage gelangen will und deshalb alle Traditionen des Mittelalters abstreift, eher als eine Fortbildung der Gothik. Diese Eigen- schaft theilt sie mit der ganzen gleichzeitigen Architektur des skandinavischen Nordens, der übrigen Ostseeländer, sowie Englands und der Niederlande. Entgegen der italienischen symmetrischen Façadenbildung bleibt die Neigung zu Gruppenbildungen, zu einer Auflösung der Flucht in vor- und zurückspringende Theile, zur Anlage von lauschigen, den italienischen Balkon ersetzenden Erkern, hohen Treppengiebeln, deren Absätze jetzt mit Konchen u. s. w. bedeckt wurden, und aussen angebauten gewölbten Treppenhäusern mit „Windelsteinen“, deren Construction und Ausstattung den Stolz der alten Werkmeister bildeten. Erst ganz spät traten an die Stelle der letzteren die im Innern angelegten, in geraden Läufen und mit Podesten ausgeführten Renaissancetreppen Italiens. Bei dem bürgerlichen Wohnhaus bleibt noch das ganze gothische Gerüst, die niedrigen Geschosshöhen, zahlreich über- einander gehäuft, die durch schmale Pfeiler geschiedenen Vorbauten, Erker und hohen Giebel, vor allem die in den norddeutschen Städten vielfach über dem Erdgeschoss hervorragenden „Löwen“ oder „Louwen“ und die zu ebener Erde liegenden „Utluchten“ d. h. „Ausluchten“1). Dies alles wird in naiver Weise mit den der Antike entlehnten, oft unverstandenen Formen und deren Weiterbildungen ausgestattet und so ein malerischer Eindruck hervorgebracht, den man als die nationale Eigenthümlichkeit der deutschen Renaissance bezeichnen kann 2). Be- sonders dem nordischen Schlossbau, dem reichere Mittel zur Verfügung standen, ist das malerische Element in hervorragendem Grade eigen, und nicht selten behalten die in dieser Zeit umgebauten oder neuerrichteten Schlösser etwas von dem Gepräge mittelalterlicher Burgen. Die klare Grundrissdisposition der italienischen Palastbauten fand hier wegen des oft beschränkten Bauplatzes, wegen des conservativen Sinnes der Bauherrn, die an dem Ueberlieferten mit grösster Pietät hingen, sowie wegen der abweichenden Auffassung von Schönheit und Zweck- mässigkeit nur geringe Berücksichtigung. Die früher an dem Gebäude selbst angebrachten Befestigungen, vor allem die Thürme, blieben, obwohl sie ihre Bedeutung durcli die sich stets vervollkommnende neue Befestigungskunst mit vorgeschobenen Erdwerken und Bastionen mit der Zeit mehr und mehr verloren; sie dienten jetzt mit dem, was noch an Wehrgängen und sonstigen früheren Einrichtungen erhalten sein mochte, besonders zur Decoration, zur Belebung des Bildes. So erbaute auch Herzog Adolf an dem Nordende der äusseren Ostseite zu Gottorp ein mit einer Zwiebelkuppel geschmücktes Thürmchen und an der Nordwestecke 1574 einen starken runden Thurm3). Bei beiden spielte neben dem praktischen Zwecke sicher auch das decorative Moment eine Rolle. In Frankreich wurde dieses Erbe aus den Zeiten des Mittelalters in wirksamer Weise umgeändert. Hier verwandelten sich die Eckthürme bald in viereckige, mit Kuppeln oder Walmdächern abgedeckte Pavillons, welche noch heute das charakteristische Merkmal der Architektur dieses Landes geblieben sind. Bei dieser Mannigfaltigkeit und malerischen Unregelmässigkeit in der Façadenbildung, welche es weniger auf eine gemessene Entfaltung einer langen Bauflucht absah, musste die Eigenart der deutschen Renaissance sich besonders auch in der Decoration des Aeussern zeigen. Hier war man an keine theoretische Regel gebunden, sondern überliess alles der künstlerischen Eingebung. Die Motive wurden weniger nach den strengen Vorschriften der Antike behandelt, sondern wie die Ornamente der Renaissance auf dem Gebiete der Kleinkünste in Deutschland zuerst Eingang gefunden, so nahm man sie auch in der Form, in welcher sie denselben angepasst worden waren, ohne vieles Bedenken in die Architektur hinüber. Wir finden daher in der Bildung der Säulen, Gebälke und in der Flächenbehandlung zahlreiche Anlehnungen an die Motive der Schlosser- und Schmiedekunst und 1) Lübke, Deutsche Kenaissance. 2) Hier zeigte eben auch der eigenthümliche Umstand seinen Einfluss, dass die deutsche fienaissance nicht zuerst bei den Baumeistern, sondern bei Malern und Zeichnern Eingang fand, welche zugleich das damals blühende Kunstgewerbe beeinflussten. Dadurch kam vorzugsweise das malerische Element in den deutschen Stil. 3) Vgl. Lorenzen, Gottorp Slot, S. 57. 27 4*