ForsideBøgerSchloss Gottorp : ein nordischer Fürstensitz

Schloss Gottorp
ein nordischer Fürstensitz

Forfatter: Robert Schmidt

År: 1887

Forlag: Ernst Homann

Sted: Kiel

Sider: 135

UDK: st.f. 725.17 sch

Mit vielen Lithographien und Lichtdrucken

Søgning i bogen

Den bedste måde at søge i bogen er ved at downloade PDF'en og søge i den.

Derved får du fremhævet ordene visuelt direkte på billedet af siden.

Download PDF

Digitaliseret bog

Bogens tekst er maskinlæst, så der kan være en del fejl og mangler.

Side af 143 Forrige Næste
 anderer Gewerbe, besonders auch der in der Mitte des 16. Jahrhunderts in der deutschen und holländischen Renaissance üblichen, anscheinend der Ledertechnik entnommenen Formen J) mit ausgeschnittenen und abgebogenen Rändern. Letztere Ornamentirung, die sogenannte Cartouche, wetteiferte mit den graciösen italienischen Grottesken, welche in ihrer bunten, phantastischen Verflechtung von Pflanzenformen mit Putten, antiken Fabelwesen, Masken und Emblemen aller Art auf den schaffenden Künstler eine Fülle von Anregungen ausübten und an Friesen, Säulen- schäften, Pilastern, Zwickelbögen u. s. w. zu den mannigfachsten Varianten Gelegenheit gaben. Mit besonderer Vor- liebe sehen wir jedocli die deutschen Künstler bei der Cartouche mit ihren hobelspanartig aufgerollten Rändern ver- weilen. Auch wurden sie nicht müde, fort und fort aus den verschiedensten Gebieten der Technik und des Ge- werbes neue Formgedanken zu entlehnen und auszubilden. Stellte sich auf diese Weise die deutsche Renaissance eine von der italienischen verschiedene, unabhängige Aufgabe, so hat sie dieselbe auch zu reizvoller und an- muthiger Lösung gebracht. Durch die Ausschmückung der Portale mit Pilastern und Hermen und in den Füllungen an Stelle des gothischen Masswerkes mit schwungvollem Rankenornamente, mit Putten und Thiergestalten, flatternden Bändern und Fruchtgehängen wurden die anmuthigsten Effecte erzielt. Der Hauptreiz aber wird durch die Ausbildungen des Giebels, gleichsam der Blüthe des ganzen Baues, ausgeübt. Derselbe wurde in der Regel durcli Pilasterstellungen gegliedert und durch kräftige Gesimse in mehrere Geschosse getheilt, während auf die vorspringenden Ecken in freier Umbildung gothische Fialen, kleine Obelisken oder Stelen, auch Kugeln u. dgl. gestellt wurden. Hier hat die Verbindung der Detailformen der Renaissance mit den gothischen Structivformen zu den reizvollsten und ansprechendsten Combinationen geführt, welche für diesen Stil besonders characteristisch sind. Der reich verzierte Aufsatzgiebel besass seine eigene Bedachung, welche sicli vom Hauptdache constructiv abzweigte. Dadurch hatte man äusser einer verstärkten Totalwirkung aucli grössere Räume im Innern und einen stärkeren Zufluss von Luft und Licht erlangt. Im Gegensatze zu den Formen des Giebels enthielt sich der Unterbau entsprechend den bedeutenderen Verhältnissen jeder kleinlichen Detaillirung. Durch die geschilderte Uebertragung der neuen Decorationensweise auf die alte Bauform gewann die deutsche Renaissance ihren eigenartigen Charakter. Sie tritt nicht in so edlen Formen auf wie die gleichzeitige und frühere italienische Renaissance, auch nicht so bestimmt und ernst wie die holländische und ist nicht ohne Härten. Doch dafür birgt sie einen reichen Schatz von Phantasie und munterer Laune (Humor). Nirgends trägt sie den Stempel abgeschlossener theoretischer Regeln, wie solche in der italienischen Renaissance und später, nachdem die neue Bauweise die nationale Eigenart mehr abgestreift hatte, auch in Deutschland zur Anwendung gekommen sind. Die nordische Renaissance war freilich auch nicht frei von Schwächen. Indem sie ihr Können zu sehr auf das Detail richtete und sich mit zu grosser Vorliebe der Auszierung einzelner Theile, wie der Portale, Giebel, Erker, hin- gab, verlor sie den zur Lösung grosser Aufgaben nöthigen Ueberblick. Eine Schwäche des Stils zeigt sich gern da, wo es sich um die Gliederung der Architektur handelt. Die Formen der Gebälk- und Bogenarchitektur sind dem deutschen Baumeister der Renaissance selten vollständig geläufig gewesen, und der ganze Reichthum der Ornamentik ist nicht im Stande, diese Unsicherheit zu verdecken. Es hängt daher diesem Stile in der grossen Architektur auch ein Zug von Dilettantismus und Handwerksmässigem an. Die einfachen, grossen Linien und wohl abgewogenen Verhältnisse bleiben den Meistern häufig ebenso fremd, wie die Wirkung des Raumes in seiner Gesammtform. Diese Eigenart musste übrigens mit der Zeit fremden Einflüssen weichen. Nur wenige Jahrzehnte konnte sie sich erhalten. Dann gelangten die aus den Werken italienischer Theoretiker gewonnenen Normen, besonders über die Façadenbildung, auch bei uns zur Herrschaft. Doch vermochten die Verehrer Vitruvs zum Glücke die Giebel nicht zu verdrängen, und so blieben diese auch später noch der Glanzpunkt der deutschen Baukunst. In früheren Zeiten gab es bei uns noch keine Baukünstler wie in anderen Ländern, wo die Renaissance der Kunst auch Jünger aus den ersten Geschlechtern zuführte, welche mit hoher Bildung ausgestattet waren und mit stolzem Bewusstsein auftraten. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts nennen sich die bei den Schlossbauten Schleswig-Holsteins beschäftigten Männer einfach „Meister“, und auch später blieben sie meist schlichte Handwerker, die sich in ihrer Lebensstellung und in ihrem Bildungsgrade nicht über alltägliche Anschauungen erhoben. Ihr Wissen schöpften sie u. a. auch aus theoretischen Schriften, welche, wie die Lehrbücher des Rivius, für einfache Werkmeister berechnet waren. Von Studienreisen nach Italien und aus eigener An- schauung gewonnener künstlerischer Ueberzeugung ist noch lange nicht die Rede. Die Fürsten liessen sich deshalb bald, wie wir es auch zu Gottorp sehen, auswärtige Baukünstler kommen, zunächst aus Frankreich, später aus Holland und Italien2). Wir finden, dass befreundete Höfe nicht selten ihre Architekten sich gegenseitig zu- 1) Charakteristische Beispiele findet man in Abraham Ortelius: Theatrum orbis terrarum (Antwerpen 1570), und in den zahlreichen Stichen von Jost Amman, Battista Pittori, Vredemann de Vries. ^ Noch im 17. Jahrhunderte liess König Christian IV., welcher in Dänemark die meisten und interessantesten Bauten aufführte, für seine Unternehmungen berühmte ausländische Baukünstler u. a. auch aus England kommen. 28