Schloss Gottorp
ein nordischer Fürstensitz
Forfatter: Robert Schmidt
År: 1887
Forlag: Ernst Homann
Sted: Kiel
Sider: 135
UDK: st.f. 725.17 sch
Mit vielen Lithographien und Lichtdrucken
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und nachdem auf Gottorp durch eine „schrecklich-erbärmliche“ Feuersbrunst !) kurz nach der Hochzeit des Herzogs
Adolf mit Christina von Hessen, einer Tochter des Landgrafen Philipp des Grossmüthigen, der nordöstliche
Theil des Schlosses von dem durch Adolf VIII. erbauten grossen Thurme an2) bis zu den Gewölben der Kapelle
und des Nordostthurmes niedergebrannt war (Neujahrsnacht 1564/5), wurden zwei aus Italien zugezogene Arckitekten,
Antonius Puppe und Thomas de Orea, von dem Herzoge, welcher auf seinen Reisen den Stand der Baukunst
des In- und Auslandes kennen gelernt hatte, berufen, die an Stelle des Conglomerates von Constructionen und
Stilen, zu dem das Schloss wie so mancher andere Säkularbau im Laufe der Zeit geworden war3), innerhalb
dreier Jahre (1565—68) einen Neubau in den damals üblichen Formen der Renaissance aufführten. Mit dem
zerstörten Ostflügel wurde zugleich der Nordflügel, in welchen jetzt die Kapelle verlegt wurde, erbaut und
damit das Viereck geschlossen. Dieser neue Nordflügel wurde reichlich mit Erkern, kleinen Giebeln und
Thürmchen mit vergoldeten Wetterfahnen und Spitzen ausgestattet4); auch der Ostflügel5) erhielt einen ähnlichen
Schmuck. Heber die Anlage und Construction dieser Bauten geben die Grundrisse, Querschnitte und Façaden
auf Taf. V — VIII ein deutliches Bild. Die jetzt nur theilweise noch erhaltenen charakteristischen Giebelaus,
bildungen erinnern jedoch keineswegs an italienische Motive. Wir sehen also, dass die Italiener der deutschen
Weise noch vielfach Concessionen machen mussten.
Herzog Adolf entwickelte, obwohl er häufig äusser Landes war, auch sonst in seinem Gebiete eine reiche
Bauthätigkeit. So baute er zu Kiel, wo besonders die „schöne Kapelle“ als sein Werk erwähnt wird, ferner zu
Reinbeck, das Schloss zu Tönning, an den vier Ecken mit je einem Thurme versehen und ganz mit Kupfer ge-
deckt („wol erbawet“ nennt es Dankwerth) und das Schloss zu Husum (im Pestjahre 1582), das an einer
alten Klosterstätte „manierlich“ aufgeführt und mit Schiefer6) gedeckt wurde. Es war nach den Abbildungen
im Danske Vitruv ein stattlicher Renaissancebau mit einem mächtigen Mittelthurm, hohen Treppenthürmen und
geschwungenen Giebeln; auch die bezügliche Abbildung im Theatrum urbium bekundet dies. Wie die gothischen
Kirchen, so wirkten aber auch diese Schlossbauten häufig besonders durch die Masse, welche ihnen einen ernsten und
imposanten Eindruck verlieh. Die Decoration ist massvoll, und nur an den Portalen und Giebeln tritt uns, wie schon
oben erwähnt wurde, eine reichere Architektur entgegen. Dankwerth sagt, dass Adolf mehrere Schlossbauten „ganz
förmlich mit Giebeln; nach italienischer Manier geziert“ erbaut habe. Docli treten in etwas späteren Bauten mit Aus-
nahme Gottorp’s, wo noch 1568 Italiener thätig waren, schon vielfach die Einflüsse des niederländischen Barock’s auf,
das mit der italienischen Renaissance um die ihnen sich in Norddeutschland darbietende Herrschaft mit Erfolg
kämpfte. Der niederländischen Renaissance kam es u. a. sehr zu statten, dass sie mehr ein geschlossenes Ganzes
war, als die deutsche. Dabei tritt sie viel bestimmter auf, weil die Bedingungen ihrer Entwickelung weit
günstiger waren. Aber auch manche äussere Vortheile begünstigten die holländische Architektur in diesem Wett-
streite. Neben den lebhaften Handelsbeziehungen, welche die Niederlande mit den Ostseeländern verbanden, und
der räumlichen Nähe, die es den niederländischen Künstlern ermöglichte, in überraschend grosser Zahl 7) alle
deutschen Lande zu besuchen, spielte auch die im Geschmacke sich äussernde Stammverwandtschaft eine Rolle. So
sehr sich auch sonst die niederländische Architektur von der deutschen Renaissance unterscheiden mag, so ist ihr doch
ebenfalls ein malerisches Element eigen, und diesem Umstande ist es hauptsächlich zuzuschreiben, dass sich das speciell
Deutsche dem Holländischen gegenüber vielfach zu behaupten und sogar in dasselbe einzudringen vermochte,
während die italienische Renaissance solches schwer duldete. Ueberall in den deutschen Städten, die schon früh-
zeitig von den benachbarten Niederlanden beeinflusst wurden8), zu Lübeck (an dem Rathhausvorbau 1570),
Emden, Bremen, Lüneburg, Helmstedt und ebenso zu Danzig, wo auch der Maler Vredeman de Vries 1595
1) Der Stadtschreiber Bojes berichtet über diesen Brand: Item dessulven Jars, kort nha Ehrer Fürstl. Gnaden (Adolf) Hochtiet,
des billigen Nien jares nacht An. 65 was grote vüres noth tho Gottorpp und ein schrecklich erbarmlich brandt, also datt dat
osterste kopperen Fuss van dem groten Torne an wente tor Capellen, ganz wente up de understen mähren affgebrandt, ock dat
dach, de torne und dat Speer der Capellen vente up dat Welffte. Wes gefahr, noth und Schade dar geshehen, is nicht geringe
gewest. Jedoch is dat gebäwete innerhalf dryer jaren wedderumb in synen bestand gebracht. Vgl. Lorenzen, Gottorp Slot,
S. 51 ff.
2) Vgl. oben S. 19.
3) S. Tafel I u. II.
4) Am Anfange des 16. Jahrhunderts bestanden besonders im Norden die Schlösser noch aus einer Menge einzelner Gebäude, an deren
Stelle erst nach und nach eine geringere Anzahl grösserer Bauten getreten ist.
5) Bei den unter Friedrich IV. und später am Schlosse vorgenommenen Aenderungen werden diese An- und Ausbauten bis auf einen
Giebel und Erker an der Ostseite und sieben kleinere Giebel an der Nord- und Südseite des nördlichen Flügels entfernt. Vgl. Tafel V u. VI.
6) Von Gottorp sagt U. Petersen, Mscr., p. 836 (Lorenzen a. a. 0. S. 56): „Gottorff wird von unseren Nachbaren allezeit das blaue
Hausz genant, nemlich von dem blauen Schieffer, damit es von jehero bedeckt gewesen“.
7) Häufig begegnen uns Namen niederländischer Bildhauer in ganz Deutschland auf Monumenten und Grabmälern, so zu Heidelberg, Inns-
bruck, Prag, Augsburg, München, Breslau, besonders zahlreich aber in Norddeutschland, wie in Danzig (dessen Brunnen vor dem Artushof von
einem Schüler Hubert Gerhard’s herrührt), in Königsberg, Güstrow, Jever, Emden und an vielen anderen Orten.
8) Vgl. oben S. 4.
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