Schloss Gottorp
ein nordischer Fürstensitz
Forfatter: Robert Schmidt
År: 1887
Forlag: Ernst Homann
Sted: Kiel
Sider: 135
UDK: st.f. 725.17 sch
Mit vielen Lithographien und Lichtdrucken
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aufrecht zu erhalten, so scheiterte ihr guter Wille an der geringen Theilnahme des dänischen Königshauses,
das eben durch kein tieferes Interesse an das Schloss gefesselt war. Von 1721—1762 war Markgraf Ernst von
Brandenhurg-Culmbach, Schwager des Königs Christian VI., Statthalter. Ihm folgte von 1762 — 1767
Baron Dehn und diesem bis zum Jahre 1836 wiederum ein Verwandter des königlichen Hauses, der Landgraf
Karl von Hessen-Kassel, Schwiegersohn Friedrichs V. Unter der langjährigen, segensreichen Amtsführung
dieses wohlwollenden und bei der Bevölkerung allgemein beliebten Fürsten schien die alte herzogliche Zeit in
einem freilich nur schwachen Abglanze wiederzukehren. Er hatte allerlei künstlerische und „wissenschaftliche“
Liebhabereien. Ein hervorragendes Interesse widmete er dem Theater, welches in dem von Johann Adolf er-
bauten Ballhause eingerichtet worden war 1) und einen Glanzpunkt seines Hofes bildete. Als ein Kind seiner
Zeit zeigte er sicli in seiner Vorliebe für die Alchymie; die Vertreter dieser Kunst fanden an seinem Hofe
bereitwillige Aufnahme, darunter auch St. Germain, der „Unsterbliche“. Dennocli blieben seine Bemühungen,
die Bedeutung des Schlosses für das Land und die Stadt Schleswig zu erhöhen, fast ebenso fruchtlos wie die
seiner Vorgänger. Die Stadt Schleswig war nacli der Entfernung des herzoglichen Hofes mehr und mehr ver-
armt. Zur Zeit der Uebernahme der Statthalterschaft durch Landgraf Karl war sie verödet, die Häuser leer
und die Einwohner so verarmt, dass sie keine Abgaben mehr zu entrichten vermochten 2). Der allmähliche Auf-
schwung, der dann bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts bemerkbar war, wurde durch die napoleonischen
Kriege wiederum gehemmt. Nachdem nocli im Jahre 1804 (19. December) in Folge der Aufhebung der Leib-
eigenschaft durch den Kronprinzen Friedrich, der für seinen schwachsinnigen Vater, den König Christian VII.
(1766—1808), die Kegierungsgeschäfte schon seit dem Jahre 1784 führte, ein erfreulicher Fortschritt in der
Entwickelung der Herzogthümer gethan war, wurden sie durch die unglückliche Politik desselben Fürsten, der
nach dem Tode seines Vaters als Friedrich VI. über Dänemark herrschte (1808 — 1839), zugleich mit dem
Königreiche in einen wirthschaftlichen Ruin gestürzt. Als im Jahre 1807 die zweifelhafte Haltung Friedrich’s
gegenüber der Aufforderung Napoleon’s, sich dem Continentalsystem anzuschhessen, den Ueberfall und die Fort-
führung der dänischen Flotte durch die Engländer veranlasst hatte, schloss er ein enges Bündniss mit Frank-
reich (31. October 1807) und erliess eine förmliche Kriegserklärung an England (4. November), obwohl er dieser
Macht gegenüber völlig wehrlos dastand. Auch an Schweden erklärte die dänische Regierung ohne besondere
Veranlassung den Krieg (29. Februar 1808). So wurde denn das Land nach nahezu hundertjährigem Frieden
in Kämpfe verwickelt, unter denen es schwer zu leiden hatte. Selbst die aus Franzosen, Italienern, Spaniern
und Holländern bestehenden Hülfstruppen, welche Napoleon seinen Verbündeten unter Bernadotte nacli Schleswig-
Holstein sandte (1808), brachten nur Schaden, und das Land athmete auf, als sie endlich zurückgezogen wurden
(Ende des Jahres 1808). Der Krieg mit Schweden wurde am 10. December 1809 durch den Frieden von
Jönköping beendet, docli damit war die Lage des dänischen Reiches und der Herzogthümer nicht viel besser
geworden. Die Gefahr eines erneuten englischen Ueberfalls zwang den König, sein Heer so sehr zu verstärken,
dass die Unterhaltungskosten weit über die Kräfte des Landes gingen. Auch im entscheidenden Momente, im
Jahre 1813, fand er den richtigen Ausweg nicht.
Als ihm damals von Seiten der Verbündeten die Abtretung Norwegens zugemuthet wurde, setzte er wiederum
seine ganze Hoffnung auf den Kaiser und schloss mit demselben am 10. Juli zu Dresden ein neues Kriegsbündniss-
In Folge davon wurde Schleswig-Holstein wiederum der Schauplatz des Kampfes. Das dänische Hilfscorps, welches
in einer Stärke von 15 000 Mann, zum grösseren Theile Schleswig-Holsteinern, unter Friedrich von Hessen,
dem Sohne des Statthalters, in Mecklenburg eingerückt war, musste sich nach der Befreiungsschlacht bei Leipzig
(18. October) zurückziehen. Bernadotte, der im Jahre 1810 zum Kronprinzen von Schweden ernannt worden
war, wandte sich mit seiner Heeresmacht nach dem Norden, um den Dänen Norwegen abzugewinnen. Die
Herzogthümer wurden bis auf das nördliche Schleswig von Schweden, Deutschen und Russen besetzt. Wie in
früherer Zeit unter der „Polackenplage“3), so hatte nun das Land unter der „Kosackenplage“ zu leiden. Die
Erinnerung an den „Kosacken - Winter“ (1813/14) lebt heute noch im Volke1). Bedeutende Lieferungen von
Nahrungsmitteln und Kleidungsstoffen wurden beigetrieben, und ausserdem wurde dem Herzogthum Holstein eine
Kriegssteuer von einer Million Reichsthaler auferlegt. Bei dem Erscheinen der Kosacken gedachte das Volk auch
mit Wehmuth und Schmerz der vergangenen, glanzvollen Zeiten der herzoglichen Regierung; denn gerade vor
hundert Jahren wären unter Peter dem Grossen die ersten rassischen Truppen nacli Schleswig-Holstein gekommen 5).
0 Die Vorstellungen hatten übrigens schon am 18. November 1749 ihren Anfang genommen. Vgl. Schröder a. a. 0. S. 355.
Nicht lange vorher (1736) hatte der kunstsinnige Herzog Karl Friedrich der Frau Neuber in Kiel das Spielprivilegium für Holstein ertheilt.
2 ) Vgl. Sach, Gesch. d. Stadt Schleswig S. 285.
3) Vgl. oben S. 47.
4) Eine Episode aus diesem „Kosackenwinter“ erzählt Brentano in dem schönen Gedichte: „Die Gottesmauer“.
5) Vgl. oben S. 57.
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