Schloss Gottorp
ein nordischer Fürstensitz
Forfatter: Robert Schmidt
År: 1887
Forlag: Ernst Homann
Sted: Kiel
Sider: 135
UDK: st.f. 725.17 sch
Mit vielen Lithographien und Lichtdrucken
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Dieses wehmüthige Gefühl spricht sich deutlich in einer damals entstandenen Erzählung aus. Es soll nämlich
ein Kosack mit seinem Enkel auf dem Schlossplatze gestanden sein und ausgerufen haben: „Hier war ich vor
hundert Jahren. Wie hat sich doch Alles verändert!“ 7)
Dass in der folgenden Zeit die politischen Verhältnisse des Landes seine Entwickelung nicht begünstigten, das
brauchen wir nur mit kurzen Worten zu berühren. Schon lange trat das Land den dänischen, gegen die Selbst-
ständigkeit der Herzogthümer gerichteten Bestrebungen entgegen; zu einem Conflict aber spitzten sich die Gegensätze
erst nach dem Tode Karl’s von Hessen (19. August 1836)2), dem sein Sohn Friedrich von Hessen bis 1842
in der Statthalterschaft folgte, und dann noch stärker mit dem Auftreten der Partei der Eiderdänen unter der Re-
gierung Christians VIII. (1839—1848) zu. Vergeblich suchte man die Bewegung durch die Ernennung des Prinzen
Friedrich von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg zum Statthalter in ein ruhigeres
Geleise zu bringen (1842). Schon im Jahre 1846 legte Friedrich seine Würde nieder, und das Jahr 1848, mit
welchem die Regierung Friedrich’s VII. (1848—1863) begann, brachte dann den Ausbruch des Krieges. Der deutsche
Bund trat für die Rechte der Herzogthümer ein, um sie nach einer schwächlichen Kriegsführung durch den
inhaltlosen Frieden vom 2. Juli 1850 ihrem Schicksal zu überlassen. Im folgenden Jahre musste Schleswig-Holstein
die Waffen, welche es für seine Selbstständigkeit erhoben hatte, niederlegen.
Während dieser Kämpfe wurde Gottorp zum letzten Male für eine Belagerung in Stand gesetzt. An der
Süd- und Nordseite wurden 1848 Verschanzungen angelegt; doch schon vor dem eigentlichen Angriff des Feindes
musste man das Schloss, nachdem es auf dem „Ochsenwege“ umgangen war, aufgeben, und es diente nun bis
zum Schlüsse des Krieges als Militärlazareth.
Der veränderten politischen Stellung der Herzogthümer und den berührten Verhältnissen und Vorgängen
entsprechend kann uns ein Blick auf die Geschichte des Schlosses Gottorp und seiner Schätze kaum andere als
die anfangs angedeuteten betrübenden Ergebnisse vor die Augen führen. Die wenigen Restaurationen, welche
damals noch vorgenommen wurden, haben keine Bedeutung. König Friedrich IV. (1699—1730) liess die
nördliche Pforte gegen das Neuwerk zu neu herstellen und die Festungswerke theilweise ausbessern und ver-
ändern. Später wurden durch ihn die alten Thorbauten entfernt und einige Wachthäuser innerhalb des Walles
aufgeführt. Sein Nachfolger Christian VI. (1730 — 1746) liess im Jahre 1741 an der Südseite des Schlosses
als Ersatz für die vom Herzog Adolf errichtete3), inzwischen aber wieder schadhaft gewordene Brücke
eine neue aus Backsteinen erbauen, welche jetzt noch im Gebrauche ist, sowie mehrere kleine Restaurationen
vornehmen. Eine umfassendere Arbeit wurde nach Jürgensen in den Jahren 1818 und 1819 an dem
Mauerwerk des Schlosses und einem Theile des Daches vorgenommen. Es ist dies die letzte, welche eine Er-
wähnung verdient. Im Uebrigen ist nur von einem Verfall der mannigfachen Anlagen und einer allmählichen
Fortführung der Schätze besonders nach Kopenhagen zu berichten4). Eines der ersten Kunstwerke, welche
■Gottorp verliessen, war der berühmte grosse Globus 5). Der Czar Peter, bekannt durch seine Fürsorge für Kunst
und Wissenschaft und seine besondere Vorliebe für Maschinen aller Art, erhielt denselben, nachdem er im
Jahre 1714 mit regem Interesse die reichen Sammlungen zu Gottorp besichtigt hatte6), von dem Könige
Friedrich IV. unter der Genehmigung der Vormünder Karl Friedrich’s zum Geschenke, und so wanderte dies
Kunstwerk nach Petersburg, wo es im Jahre 1747 durch Feuersbrunst theilweise zerstört, jedoch 1754 mit
Geschick wieder restaurirt und in einem besonderen Hause aufgestellt wurde7). Die übrigen Schätze kamen
fast ausnahmslos nach Kopenhagen. Im Jahre 1737 wurde das ganze Archiv, das seit den kriegerischen Un-
ruhen zu Anfang des 18. Jahrhunderts gleich der Bibliothek und der Kunstkammer der ordnenden Hand eines
Beamten entbehrt hatte, nacli Kopenhagen geschafft. Ihm folgte 1749 die Bibliothek8), die durch J. F. Noodt,
Pastor am St. Johannes-Kloster, der königlichen Bibliothek einverleibt wurde, wobei nur wenige Doubletten der
Soröer Akademie und der deutschen Kanzlei überlassen wurden. Drei Jahre später hatte die Kunstkammer das-
selbe Geschick; fast die ganze Sammlung wurde dem ethnographischen Museum in Kopenhagen einverleibt.
Wahrscheinlich ist auch der reiche Inhalt des von Friedrich III. errichteten Zeughauses und der Rüstkammer
denselben Weg gegangen. Die Silberkammer blieb bis ins 19. Jahrhundert auf Gottorp. Sie war bei der Flucht
1) Vgl. Sach a. a. 0. S. 289.
2) Er starb auf Luisenlund und wurde in der Domkirche zu Schleswig mit grosser Pracht beigesetzt.
3) Vgl. oben S. 34.
4) Vgl. hierüber Sach a. a. 0. S. 19.
5) Vgl. oben S. 41.
6) Vgl. oben S. 57.
7) Vgl. Büsching, Geographie, Abtheilung Petersburg.
8) Merzdorf hat 1709, also nicht allzu lange vor der Occupation Schleswigs ein von Prohlin verfasstes Verzeichniss der Sammlung
auszugsweise drucken lassen.
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