ForsideBøgerSchloss Gottorp : ein nordischer Fürstensitz

Schloss Gottorp
ein nordischer Fürstensitz

Forfatter: Robert Schmidt

År: 1887

Forlag: Ernst Homann

Sted: Kiel

Sider: 135

UDK: st.f. 725.17 sch

Mit vielen Lithographien und Lichtdrucken

Søgning i bogen

Den bedste måde at søge i bogen er ved at downloade PDF'en og søge i den.

Derved får du fremhævet ordene visuelt direkte på billedet af siden.

Download PDF

Digitaliseret bog

Bogens tekst er maskinlæst, så der kan være en del fejl og mangler.

Side af 143 Forrige Næste
gang des Landes an die dänischen Könige verbreitete sich dasselbe immer mehr !). Das Barock mit seinem aufs höchste gesteigerten Pathos und seinen abspringenden Schnörkeln hatte sich überlebt und wurde aucli im Norden allmählich von dem aus Frankreich siegreicli vordringenden Rokoko mit seinen geschweiften Linien ab- gelöst 2). Denn trotz des üppigen Schwulstes und der bis zur Erschöpfung der Formen getriebenen Willkür, in welche dieser Stil vornehmlich gegen den Schluss seiner Herrschaft verfiel, wies er in vielen geistvollen Schöpfungen in den glücklich gegriffenen Verhältnissen und in der Eleganz seiner Formen mannigfache Vorzüge auf. Erscheint er auf der einen Seite als eine Entartung von den in der Renaissance gefundenen Principien, so ist er auf der anderen eine Fortentwickelung dieses Stils, welche in der kühleren Ruhe seiner Wirkung den gesteigerten Pracht- bedürfnissen der europäischen Höfe nicht mehr genügte. Den Anforderungen einer Zeit, die einen bis dahin unbekannten Glanz zu entfalten strebte, suchten auch die Baukünstler zu genügen, indem sie die kühnsten Ideen in grossartiger, monumentaler Weise zum Ausdruck brachten, wobei sie die vorhandenen Schwierigkeiten spielend überwanden. Die Bedingungen, unter welchen die verschiedenen Schöpfungen der Spätrenaissance entstanden, und die Aufgaben, welche dabei zu lösen waren, sind denen der Gegenwart am meisten verwandt. An Stelle der Naivität vorangegangener Entwickelungsperioden tritt uns eine vollendete Sicherheit des künstlerischen Schaffens entgegen, welche den Schluss gestattet, dass die Architektur als Kunst wohl selten höher stand, und dass der Architekt zu keiner Zeit mehr Herr seiner Mittel war als gerade in jener Periode. Man ist allmählich zur Einsicht gekommen, dass das Rokoko vor seiner Entartung besser war als der Ruf, welchen ihm die Klassizisten und Romantiker gemacht haben. Es war eben auch eine Aeusserung und Folge der modernen Kultur, welche wir nicht ganz zurückweisen dürfen, so wenig uns auch ihre späteren Launen und Extravaganzen behagen. In Schleswig-Holstein ist übrigens das Rokoko ausser an den Fürstenhöfen nur selten vertreten. Das Distel- und grossgebildete Blumenwerk war im Norden um diese Zeit ein beliebtes Decorationsmotiv. Die neue Bauweise hat vielfach Mustergültiges geschaffen. Vor allem charakteristisch sind die gehaltvollen Neubauten Dresdens (1685—1738) und die Schlösser in Potsdam, während die Rokoko-Architektur Hollands, welche gleichfalls den Norden beeinflusste, kein Lob verdient. Es entstand jetzt der moderne Palast mit seinen ge- räumigen Treppenhäusern. Für die Gestaltung von Pracht- und Festräumen wurden Vorbilder von typischer Be- deutung geschaffen und in der Decoration eine unübertroffene Mannigfaltigkeit erreicht3). In letzterer liegt die Hauptbedeutung dieses Stils, für Gottorp fast die einzige. Man sah in diesem Schlosse selbst in der sonst so formen- frohen Zeit der Renaissance mehr die Festung und legte aus diesem Grunde das Hauptgewicht auch auf die kriegstechnische Seite, nicht aber auf eine künstlerisch vollendete Durchführung der äusseren Façade. Aber selbst später noch nöthigte in den nordischen Ländern das Klima zu grösserer Mässigung in der äusseren Ausschmückung. So finden wir auch auf Gottorp den Einfluss des Rokoko besonders noch in den wenigen Bruchstücken der in diesem Stile4) üblichen Durchführung der Stuckdecoration im Innern. Jedenfalls waren auch verschiedene Ausstattungs- gegenstände nach dem neuen Geschmacke vorhanden — ausser den Schmiedearbeiten in Silber und Eisen hat das Rokoko in der Porcellan-Industrie und in den geschmackvollen Büchereinbänden das Schönste geleistet —; allein dieselben sind dort spurlos verschwunden. Die Hauptrolle in der Decoration fallt jetzt der Plastik zu, und wir sehen ihre Schöpfungen an Façaden, Denkmälern, bei Auszierung der Innenräume u. s. f. nach italienischen und französischen Mustern mit grosser Vorliebe angewendet. Neben dem Stuccateur verwertheten Steinbildhauer, Bildschnitzer, Kunsttischler und Metall- arbeiter die Motive des neuen Stiles oft mit bewunderungswürdiger Virtuosität und grosser Handfertigkeit im Kunstgewerbe; denn die Kleinkünste eigneten sich in Schleswig-Holstein die neue Formenwelt fast mehr an als die grosse Kunst5). Aber auch bei diesen vollzog sich der Uebergang besonders in den bürgerlichen Kreisen zu Anfang des 18. Jahrhunderts nur langsam. Die friesischen Kunsthandwerker, z. B. Tai Hinrichsen und Jens Sünksen, deren Thätigkeit mehr auf die ländlichen Kreise beschränkt blieb, vermochten das Figürliche und Ornamentale in ihren Arbeiten noch nicht glücklich wiederzugeben und bewegten sich in einer Formen- welt, die sonst schon längst zu herrschen aufgehört hatte. Auf dem Gebiete der eigentlichen Kunst begegnen wir um diese Zeit einer grösseren Thätigkeit nur in der Malerei. Heinrich Krock, der „pictor regius“, malte für Schlösser und Kirchen in Dänemark und Schleswig- i) Nach" Haupt a. a. 0. S. 43 zeigt das Ornament der Empore in Loit bei Apenrade a. d. J. 1728 bereits den Stil Ludwigs XIV., was allerdings von anderer Seite bezweifelt wird. Etwas grössere Verbreitung fand das Bokoko in Schleswig-Holstein erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. 2) In Frankreich selbst herrschte dieser Stil zur Zeit des Begenten Philipp von Orleans und des Königs Ludwig XV. Das Hauptkennzeichen desselben ist die Aufnahme der Muschel in das Ornament und die unsymmetrische Anordnung. Der Name „Bokoko“ findet sich zuerst in Nagler’s Künstlerlexicon (1840). Zum Ganzen vgl. Eadowitz, Schrift, über d. Bokoko. 3) Vgl. Paul Decker, Fürstlicher Baumeister 1712. Decker war ein Schüler Schlüter’s und starb 1713. 1) Eines der schönsten Beispiele für Norddeutschland findet sich in der Decken-Ausschmückung im Schlosse zu Neustadt in Mecklenburg. 5) Dies war auch bei der Einbürgerung anderer Stilgattungen der Fall. Vgl. S. 32. 64