ForsideBøgerSchloss Gottorp : ein nordischer Fürstensitz

Schloss Gottorp
ein nordischer Fürstensitz

Forfatter: Robert Schmidt

År: 1887

Forlag: Ernst Homann

Sted: Kiel

Sider: 135

UDK: st.f. 725.17 sch

Mit vielen Lithographien und Lichtdrucken

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Side af 143 Forrige Næste
heute nicht mehr bedienen. Da sich aber Geschmack und Stil gleich der Sprache in ewiger Bewegung und Ver- änderung befinden, so vermag selbst ein Kunstdogma nicht mit Erfolg in dieses mächtige Ringen und Athmen der natürlichen Fortentwicklung einzugreifen. Die Architektur sowie jeder Zweig der Kunst kann nur dann sich lebenskräftig entfalten, wenn sie das Wesen des Volkes, auf dessen Boden sie gepflegt wird, unter entsprechender Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und Bedürfnisse wahrheitsgetreu wiederspiegelt. Durch einseitige Betonung fremder Kunstanschauung wird nichts gewonnen; nur in der Fortentwickelung der heimischen Kunst und ihrer Mittel, die sich freilicli auch von jeder Engherzigkeit fern halten muss, liegt eine segensreiche Zukunft. Wenn daher auch die antike Kunst als die erste Quelle, aus welcher die bedeutenden Meister des 15. und 16. Jahrhunderts mit so grosser Begeisterung geschöpft haben, immer noch als das Fundament unseres Studiums und unseres künstlerischen Schaffens betrachtet werden muss, so stehen doch die Werke der Renaissance, besonders der deutschen Renaissance des 16. Jahrhunderts, den Anschauungen und Bedürfnissen unseres Volkes und unserer Epoche näher und sind deshalb für uns um so verständlicher und lehrreicher. Zwar finden wir an den Schöpfungen der italienischen Renaissance grossartigere Dispositionen neben jener Anmuth und Einfachheit, welche dem begabten italienischen Volke selbst in den Zeiten des Verfalls nie ganz abhanden gekommen ist. Trotzdem blicken wir mit Vorliebe auf die Werke unserer Väter und knüpfen besonders gern an die Zeit an, in welcher sich der Kunstgeist in unserem Vaterlande in seiner reichsten Lebensfülle offenbarte. Mit dieser Zeit des geistigen Wiederauflebens unserer Nation sind wir durch einen gemeinsamen Grundzug verbunden, so dass unsere Kunst in den Formen der deutschen Renaissance den ihr am meisten zusagenden Ausdruck ihres Empfindens gefunden hat. Die Mannigfaltigkeit und Vielseitigkeit dieser grossen, uns wiedererweckten und, wie wir eben schon bemerkten, so naheliegenden und verwandten Kunstepoche fesselt uns in hohem Grade, so dass wir mit freudigem Interesse nicht nur der Wiederentdeckung aller künstlerischen Hervorbringungen jener Zeit nachgehen, sondern dieselben auch für uns in jeder Beziehung nutzbar zu machen suchen, indem wir sie nicht in unverstandener Weise nach- ahmen, sondern auf ihrem Boden aus eigener Anschauung heraus Neues zu schaffen suchen. Besonders das 16. Jahrhundert ist uns in vielfachen Beziehungen sympathisch. Damals wurde der Grund zu unseren heutigen gesellschaftlichen Einrichtungen gelegt; es ist die Zeit des Aufblühens der Fürstenmacht und des Bürgerstandes gegenüber der einseitigen Herrschaft der Kirche. Fast alle Erzeugnisse jener grossen Zeit wurden mit künstlerischem Geiste entworfen und durchgeführt. Vom Fürstenschlosse bis herab zur Truhe des Bauern, von den im reichsten Farbenschmucke gewirkten Gobelin - Tapeten bis zur einfachen Handstickerei des Leinentuches tritt uns überall die Kunst unserer Vorfahren entgegen, wofür auch das Thaulow-Museum^ sowie mehrere Privatsammlungen in Schleswig-Holstein genügende Belege bieten. Vernachlässigt und entstellt durch die Unwissenheit und Geschmacklosigkeit späterer Geschlechter sind die meisten Denkmäler der Vorzeit in einen traurigen Zustand gekommen, bis unsere Zeit sie wieder zu Ehren und Ansehen gebracht hat. Mit grösster Freude begrüssen wir daher diejenigen Kunstschätze, welche den Zerstörungen des Krieges und der Zeit sowie der Restaurations - Demolirungswuth 2) entgangen sind. Wir empfangen durch jene Schöpfungen stets neue Anregungen, ergötzen uns an der Frische der Auffassung und der gelungenen Durch- führung und machen die in ihnen niedergelegte Gedankenwelt den heutigen Aufgaben der Kunst dienstbar. Und wie viele anmuthige, liebenswürdige, immer wieder verwendbare Gedanken bieten die Werke der nor- dischen Renaissance nicht allein zur Zeit ihrer Blüthe, sondern auch nocli im 17. und 18. Jahrhundert! Der moderne Geschmack und das Verlangen nach Pracht und Glanz, unterstützt durch den steigenden Wohlstand, findet in diesen Arbeiten den gewünschten Ausdruck uns sympathischer Ideen. Dabei nähert sich unsere Kunst rasch dem Barock und dem Rokoko, worin sie von der heutigen kunstwissenschaftlichen Forschung wesentlich unterstützt wird. In Wirklichkeit ist aucli das Rokoko voll Pikanterie und eigenthümlichen Reizen und besitzt in seinem anmuthig tändelnden Charakter, der sich von aller Pedanterie fern zu halten weiss, immer noch grosse Anziehungskraft3). Eine besonders erfreuliche Erscheinung unserer Zeit ist die immer inniger sich gestaltende Verbindung der Kunst mit dem Handwerk. Man hat endlich erkannt, dass die Gewerbe sich nur dadurch gegen die herau- 1) In diesem Museum wird die heimische Industrie eine wesentliche Förderung besonders dann finden, wenn es einmal aufhört, eine starre Conservirungsanstalt zu sein, und die fast vergrabenen Schätze desselben wieder in den Dienst der lebendigen Kunst gestellt werden. Ueber die Mittel und Wege hierzu vgl. Robert Schmidt: „Das Thaulow-Museum“, Kieler Zeitung 1886, Nr. 11 450 und 52.) 2) Vgl. S. 32, A. 3. 3) Besonders die Maler der neuesten Zeit wählen mit Vorliebe das Rokoko zum Gegenstände ihrer Darstellung, obwohl jene Periode zu dem ungeschminkten Materialismus unserer Tage in einem entschiedenen Gegensätze steht. Der Malerei scheinen aber aucli Sculptur und Architektur folgen zu wollen, so dass die älteren der drei Geschwisterkünste die Führerschaft der jüngeren überlassen hätten, was freilich bis jetzt in der Kunst selten zu einem gedeihlichen Resultate geführt hat. Auch sonst scheint sich die heutige Mode in ihrem Suchen nach dem Ungewöhnlichen und von historischen Reminiscenzen angehaucht manches aus der Periode der farbenzarten Idylle der Schäferspiele aneignen zu wollen. 67 9*