ForsideBøgerSchloss Gottorp : ein nordischer Fürstensitz

Schloss Gottorp
ein nordischer Fürstensitz

Forfatter: Robert Schmidt

År: 1887

Forlag: Ernst Homann

Sted: Kiel

Sider: 135

UDK: st.f. 725.17 sch

Mit vielen Lithographien und Lichtdrucken

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Side af 143 Forrige Næste
der an der Nordwestecke des Schlosses befindliche, bereits erwähnte starke Rundthurm mit seinen jetzt vermauerten, einst verschiedenartig geformten Schiessscharten. Der obere Theil dieses in vier Geschossen und meist mit kuppel- artigen Wölbungen versehenen Baues wurde bereits in früherer Zeit abgetragen; bei der zu Anfang unseres Jahr- hunderts vorgenommenen Restauration des unteren Theiles wurde auch die hier befindliche alte Sockelbildung aussen beseitigt. Im historischen Abschnitte ist schon erwähnt, dass dieser Westflügel die ältesten Theile des Schlosses enthält *); davon überzeugen uns auch die hier besonders zahlreichen Streben, welche früher zur Verstärkung der Widerlager der einst im Innern befindlichen, jetzt theilweise weggebrochenen Zimmergewölbe dienten, sowie der über diesen befindliche, jetzt verputzte Spitzbogenfries, der das ältere Mauerwerk theilweise nach oben hin ab- schliesst, während über ihm die Arbeit späterer Zeiten beginnt. Einige Reste von Kragsteinen oder Steinkonsolen lassen uns ebenfalls hier ehemalige Erkeranlagen vermuthen. Dem Ganzen ist das Gepräge des Alters aufgedrückt. Brand und Kriegsnoth, sowie spätere Vernachlässigung haben hier ihre Spuren zurückgelassen; die mannigfachsten kleinen Um- und Anbauten aber tragen jetzt gerade nicht zur künstlerischen Befriedigung bei. Nachdem wir auf unserer Wanderung um das Schloss zu dem in der Südfront befindlichen Hauptportal zurückgekehrt sind, betreten wir das Vestibül, um durch dasselbe in den Schlosshof zu gelangen. Die alte Regel der Architekten, das Urtheil des Besuchers, welcher ein Haus oder Schloss betritt, sei es durch die Traulichkeit oder Grossartigkeit und Pracht des ersten Eindrucks gefangen zu nehmen, ist auch hier einst beobachtet worden. Uns empfängt ein nach italienischem Muster in breiten, geraden Läufen zu beiden Seiten angelegtes, durch seine Grösse imponirendes Treppenhaus. Wenn auch nur noch wenige Reste der alten Ausstattung, und auch diese nur in mangelhaftem Zustand, erhalten sind, so vermögen wir doch Alles im Geiste zu reconstruiren und somit noch etwas von der vornehmen Ruhe und der glanzliebenden Selbstgewissheit des alten Geschlechtes zu empfinden. In vergoldeter Stuckeinrahmung gewahren wir auf dem Plafond der ersten Etage — zwar schon stark beschädigt — eine mit Helm und Speer bewaffnete Frauengestalt, welche sich auf einen mit der herzoglichen Krone und einem HF geschmückten, von Genien umgebenen Schild stützt. Auf dem Deckengemälde der zweiten Etage sehen wir eine aus den Wolken schwebende weibliche Figur gleichfalls inmitten von Genien, die ein flatterndes Band mit der Devise „Constantia et Labore“ halten. Dieselbe trägt einen mit dem polychrom gegebenen herzoglichen Wappen gezierten Schild. Sonst erinnert nichts mehr an die frühere reiche Ausstattung; die prächtigen Geländer aus Schmiedeisen und die gedrehten, in Gold und Farben strahlenden Holzstäbe sowie die ganzen Treppenläufe sind längst durch einfachere ersetzt. Der Schlosshof, in den Renaissanceschlössern sonst mit Vorliebe von den Architekten als Mittelpunkt der Décoration betrachtet und nicht selten ähnlich wie in den Klöstern mit einem nach dem Hofe zu offenen Kreuz- gang umgeben, zeigt hier bis auf einige Sandsteinportale nur wenig decoratives Element. Auch die einst an der Westseite sichtbaren Stuckmedaillons deckt jetzt ein grauer Kalkputz. Die Façaden sind von grosser Einfachheit, die Wandflächen glatt geputzt und die architektonischen Gliederungen in Sand- und Gipsstein, sowie geputztem Mauerwerk hergestellt. Die Fenstereinrahmungen der Ost-, Nord- und Westflügel zeigen im Hofe die klassisch schlichten Formen der Frührenaissance, während an der strengen Symmetrie des Südflügels entsprechend dem Charakter der äusseren Südfaçade deutlich der längst zur vollen Herrschaft gekommene Einfluss der italienischen Renaissance erkannt wird. Was der Hof an Einzelheiten aufzuweisen hat, ist in unserer Schilderung bald aufgezählt. Der die Mitte der Ostfaçade markirende achteckige Treppenthurm — seine alten, ausgetretenen Steinstufen sind durch Bohlenbeläge wieder passirbar gemacht oder durch Backsteinrollschichten ersetzt — trägt über seinem Ein- gänge das herzogliche Wappen mit der Bischofsmütze im Mittelfelde und gefesselten Kriegern in Sandsteinhoch- relief zu beiden Seiten. Von dem Schlusssteine der rundbogigen Thüreinrahmung blickt uns ein Engelsköpfchen entgegen, während die Zwickelfelder mit dem Schmucke von Kriegstrophäen ausgefüllt sind. Am Fries liest man: „anno 1664". An der Hoffaçade des Nordflügels begegnen wir ebenso wie an der äusseren kleinen Dachgiebeln, die noch theilweise die Formen der deutschen Renaissance zeigen. Wie aussen, so ist auch hier der Verwitterungs- process schon so weit vorgeschritten, dass die im Danske Vitruv von ihnen gegebenen Details nicht mehr wiederzuerkennen sind. Am Ostende des Nordflügels befindet sich ferner der Aufgang zu dem sogenannten Hirschsaal. Das Portal ist von zwei korinthisirenden Lisenen eingefasst, die Eckzwickel der Thüreinrahmung zeigen zwei wenig schön gearbeitete Frauengestalten mit Füllhorn und Kranz. Ueber dem Thürgebälk aber stützen zwei Löwen einen mit der Krone und dem verschlungenen Namenszug Christian Albrecht’s und Amalia’s ge- schmückten Schild. Ein zweiter Schild, eine Krone und zwei gegenübergestellte HF tragend, befindet sich oberhalb eines ungefähr die Mitte dieses Flügels bezeichnenden Steinbeckens, in das ein Delphin Wasser speit. Daneben sehen wir das Portal der im folgenden Abschnitt beschriebenen Kapelle des Schlosses (Tafel IX). Auch hier bemerken wir den üblichen Thürschmuck: die Wappen des Herzogs Adolf und seiner Gemahlin. In einer 1) Vgl. S. 12. 71