Schloss Gottorp
ein nordischer Fürstensitz
Forfatter: Robert Schmidt
År: 1887
Forlag: Ernst Homann
Sted: Kiel
Sider: 135
UDK: st.f. 725.17 sch
Mit vielen Lithographien und Lichtdrucken
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bis auf die facettirten Nietenköpfe. Die deutsche Renaissance entfernte sich zwar hierdurch wieder mehr und
mehr von klassischen Vorbildern, nahm dafür aber auch zugleich einen eigenartigen, nationalen Charakter an.
Prächtig ausgestattete Emporen '), ein besonders der protestantischen Kirche eigenthümliches Element der
inneren Ausstattung, ziehen sicli hier also an allen vier Wänden hin, erscheinen dabei aber nicht, wie bei so
vielen späteren Kirchen des protestantischen Nordens, dem Bau aufgenöthigt, sondern sind mit der ganzen inneren
Einrichtung organisch verbunden und besonders in den Brüstungen künstlerisch durchgebildet. Die von farbigem
Schnitzwerk umrahmten Oelgemälde, welche die Emporen -Brüstungen schmücken, schildern die Lebens- und
Leidensgeschichte des Heilandes und spiegeln das innerste Wesen des überzeugungstreuen, allein auf die heilige
Schrift sich gründenden Protestantismus getreulich wieder.
Der in seiner Farbenfrische ziemlicli erhaltene Gemäldecyklus, welcher eine gewandte Hand unter dem Ein-
flüsse der niederländischen Schule erkennen lässt, ist eine tüchtige Arbeit. Dieses bedeutende protestantische
Kunstwerk, wie es in solcher Vollständigkeit gerade nicht sehr häufig vertreten ist, legt ein Zeugniss von dem
am herzoglichen Hofe sich lebendig regenden ernsten kirchlichen Streben ab. Die Zeichnung in den Gemälden ist
zwar oft manirirt, die Verhältnisse der menschlichen Figuren sind nicht immer glücklich getroffen, und die
Gewandung erscheint hie und da nicht ganz verständig durchgeführt; doch ist der Ausdruck der Köpfe und
die Bewegung der Hände lebendig; besonders meisterhaft ist die östlich der Orgel befindliche Apostelgestalt
wiedergegeben.
Unter den weiteren Kunsterzeugnissen, welche für die prächtige Ausstattung der Kirche Verwendung fanden,
wiegen die in Schleswig-Holstein so wichtigen Holzschnitzereien vor, die überhaupt in der Kunstgeschichte des Landes
mit den ersten Platz einnehmen. Sie verdienen nicht allein als Zeugen der Kunstfertigkeit, sondern auch als Träger
religiöser und ethischer Anschauungen und Ideen die Beachtung der Nachwelt. Hier hatte der Künstler freie
Bewegung, hier konnte er bei seiner technischen Fertigkeit die Tiefe seines Gemütlies, selbst den Humor zum
Ausdruck bringen. So ist auch durchaus kein Grund vorhanden, in diesen Arbeiten eine italienische Meisterhand
zu suchen. Ist doch die ganze Kunst der bemalten Holzschnitzwerke eine rein deutsche2)!
Die farbige, reich geschnitzte, in Gold, Silber und Bronce strahlende Kanzel (s. Tafel XII) befindet sich an
der Ostseite und wird von einem Hermenpfeiler auf viereckigem Unterbau getragen. Cannelirte, vergoldete Säulen
markiren die sechseckige Grundform derselben; die Seitenflächen schmücken Muschelnischen mit den vier
Evangelisten nebst ihren Emblemen, während Masken, Löwenköpfe, Fruchtschnüre u. s. w. über das ganze Werk
vertheilt sind. Die Details erscheinen hier zwar weniger fein, doch ist ihre Anordnung, welche durch eine
glückliche Farbengebung erhöht wird — es ist hier Roth, Braun, Rosa, Blau, Grün, Weiss und Gold verwendet —,
durchaus wirkungsvoll.
Das ebenfalls in reichem Schnitzwerk und Farben prangende Gehäuse der 1567 erbauten und später
restaurirten Orgel3) befindet sich, wie schon bemerkt, auf dem Chor an der Südwand, dem fürstliclien Gestühl
gegenüber (s. Tafel XII). Das herzogliche, in farbigem Schnitzwerk hergestellte Wappen ziert den vorderen
Theil desselben, während das später hinzugekommene königliche dänische in der Höhe angebracht ist. In den
kleinen Seitengiebeln des vorderen Orgelgehäuses sind fürstliche Oelportraits; in den Feldern und umrahmten
Tafeln der Ostseite aber sehen wir zweimal die Jahreszahl „1567“ eingeschnitten, während die Mitte einer Tafel
ein Relief-Portrait in hoher Mütze4), wahrscheinlich das des Bildschnitzers enthält.
Auf der Westseite dieses Gehäuses erblickt man zweimal, u. a. in dem Mittelfelde einer Tafelfüllung,
nebenstehendes Zeichen eingegraben5). (I
Das Schnitzwerk dieser Füllungen bewegt sich in den charakteristischen Formen der Frührenaissance
und zeigt die Verwendung von Masken und Delphinen, sowie das Akanthusblatt in eigenartiger '
Stilisirung.
Die Wände der Emporen sind walirscheinlich in den vierziger Jahren dieses Jahrhunderts durch Schablonen-
arbeit in unverständiger Weise bedeckt worden.
1) Hoden,Amboner auch hie und da C/ior, Ijector oder Priechen genannt.
2) Kugler, Geschichte der Baukunst, S. 190 ff.
3) Einige wollen diese Orgel für holländische Arbeit halten; zu Lübeck, Lüneburg, Hamburg u. a. 0. befinden sich wirklich Orgeln, welclie
aus Holland kamen. Vgl. Theatrum instrumentorum Michaelis Praetorii (Wolfenbüttel 1620), V. Th.
4) Die schirmlose, hohe Pelz- oder Wollmütze des Künstlers erinnert sehr an die aus den Bildern eines Tenier bekannte Kopfbedeckung,
welche auch s. Z. in Schleswig-Holstein beliebt war.
6) Diese Zeichen in Holz sind gleichen Ursprungs wie die Steinmetzzeichen und Marken, wie ihnen denn auch später ein besonderer, aber
mit den Zunfteinrichtungen der Steinmetzen eng zusammenhängender Charakter beigelegt worden ist. Ich erwähne hier ferner die Hausmarken
der Stadt und die einfacheren Hofmarken, die jedoch nur bei freien Bauern angetroffen werden; unter den ersteren kommen nicht selten Runen-
zeichen vor. Im 17. Jahrhundert werden dann die Hofmarken häufig durch Monogramme verdrängt. Üeber die für die vergleichende Architektur-
geschichte wichtigen Steinmetzzeichen vgl. Franz Rziha in den Mittheil, der K. K. Centralcomm. zur Erhalt, und Erforsch, der Kunst- u. histor.
Denkmale. Neue Folge VII, 1. u. 2. Heft (1881).
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