Schloss Gottorp
ein nordischer Fürstensitz
Forfatter: Robert Schmidt
År: 1887
Forlag: Ernst Homann
Sted: Kiel
Sider: 135
UDK: st.f. 725.17 sch
Mit vielen Lithographien und Lichtdrucken
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sehen ist. Eine 2{ in im Durchmesser haltende Bronceschale, deren oberen Rand acht einst wasserspeiende Löwen-
köpfe mit herausgestreckten Zungen schmücken, erhebt sich in demselben auf l-* - m hohem Sockel. Nördlich
hiervon betreten wir den Glanzpunkt der ganzen Anlage. Von Delphinen, Muscheln und Seepflanzen eingefasste
Cascaden erheben sich; auf der Höhe bläst der oben erwähnte Steintriton *) noch immer in sein Horn, mit
schlechtem Rechte, denn das fröhliche Rauschen und Plätschern der Wasser über den breiten Steinstufen ist
längst verstummt. Ein kleiner, mit zwei jonischen Säulen gezierter Antentempel, an dessen Nordwand sich ein
musehelförmiges Becken mit einem Wasserspeier befindet, schliesst noch das ganze Bauwerk nach obenhin ab. Eine
Ruhebank in demselben mag oft zu träumendem Hinhorchen nach den Wasserfällen eingeladen haben. Hinter
diesem Tempel dehnt sicli ein Fischteich aus, durch den einst die Wasserwerke gespeist wurden. Noch am
besten von den wenigen Ueberbleibseln verschwundener Herrlichkeit ist dieses im Geschmack der Spätrenaissance
ausgeführte „Wassertheater“ erhalten, welchem in Schleswig-Holstein kaum viele an die Seite gestellt werden können.
Und selbst diesen wenigen Resten einst nach französischen Vorbildern geschaffener Anlagen, wohin im Sommer zahl-
reiche Sonntagsspaziergänger ihre Schritte lenken, droht der gänzliche Untergang, wenn nicht bald Hülfe kommt2).
Westlich hiervon befindet sich ein von einer verwitterten Backsteinmauer umzogener Gemüsegarten, dessen
Pforten noch den Namenszug des herzoglichen Erbauers tragen; hinter ihm stand einst der „grosse Herkules“ mit
der überwundenen Hydra zu seinen Füssen, aus deren enthaupteten Hälsen Wasserstrahlen hervorschossen. Nichts
mehr lässt hier den einstigen Lustgarten vermuthen. Die Statuen und Vasen, welche vordem aus dem Grün der
hohen, beschnittenen Hecken hervorleuchteten, sowie die sonstigen zahlreichen, unter der Regierung der Herzöge
aufgestellten und meistens von den Bildhauern Cornelius und Johann von Mander geschaffenen Bildwerke, mit
denen der ganze Park in verschwenderischer Weise geziert war, sind längst verschwunden. Auch von den
ehemaligen Bassins, Fontainen und wasserspeienden Bleifiguren ist keine Spur mehr zu entdecken, und von der
Amalienburg3), der Ringelbahn, der Orangerie, dem Globushause und anderen „Lustbauten“ hat sich kein Stein
erhalten. Nicht einmal eine Gedenktafel giebt ihren einstigen Platz an.
Verwaist, in stiller Ruhe, aber reich an Erinnerungen liegen die wenigen Reste ehemaliger Herrlichkeit
da und erregen in uns den Wunsch, dass die Gartenbaukunst in diesem Erdenwinkel, der ihr die Herrschaft so
leicht macht, wieder mit ihrem heitern Zauber walten möge. Mit freudigem Interesse gewahrt man jetzt noch,
wie wohl sich die Gartentechniker ^j welche diese Anlagen schufen, darauf verstanden haben, die natürliche Anmuth
dieser Gegend in den Dienst ihrer Kunst zu ziehen.
Will man auch diese Anlagen nicht in dem früheren grossartigen Umfange wiederherstellen — es müsste
denn eine grosse, kaum zu erwartende Umwandelung mit Gottorp vor sich gehen —, auch in bescheidener Re-
stauration würden sie dem Besucher eine Fülle des edelsten Naturgenusses erschliessen.
Von gleich anmuthigem Character wie die unmittelbare ist auch die weitere Umgebung Gottorps. Mit
Vorliebe suchen deshalb die Schleswiger die schattigen Wege auf den im Norden vorliegenden Höhen auf, um
von ihnen aus sich an den mannigfaltigen Ausblicken auf Schloss und Stadt, die blaue Wasserfläche der Schlei
und auf das gesegnete Land ringsum zu erfreuen. Die Natur ist hier, wie an der ganzen Ostküste Schleswig-
Holsteins, reich an ansprechenden und sinnigen Landschaften und reizenden Idyllen. Bald bietet sie uns in
anmuthigem Wechsel der Scenerie den Anblick schmucker Dörfer inmitten wogender Getreidefelder, bald den
eines wohlerhaltenen, alten Herrensitzes, bald wieder das Bild gewerbreicher Städte. Ueberall treten uns kleine,
in sich abgeschlossene Stimmungsbilder entgegen.
Gewaltige Natureindrücke darf der Reisende hier freilich nicht erwarten; denn die Natur bietet nicht wie
1) Vgl. S. 54.
2) Den Itzehoer Nachrichten zufolge (Mai 1886) hat die Königl. Begierung in einem Schreiben an den Magistrat zu Schleswig mitgetheilt,
dass kein eigentlicher Fond für die Unterhaltung der alten Wasserkünste vorhanden sei, und auf die Gefahr hingewiesen, welche eventuell
entsteht, wenn der Magistrat nicht selbst für die Unterhaltung dieser Denkmäler einer Glanzperiode Schleswigs Sorge trage.
3) In der Nähe der ehemaligen Amalienburg, deren Platz jetzt vorn Müitärlazareth eingenommen wird, hat man vor einiger Zeit eine
interessante Steinplatte von ca. 1 m Länge und reichlich Yam Höhe gefunden, die ein gut gearbeitetes Basrelief zeigt und sich nun auf dem
Militärkirchhofe befindet. Man erblickt darauf eine auf der Erde liegende, fast nackte junge Frau, deren rechte Hand und rechter Fuss durch eine
Gliederkette an den untern Stamm eines starken Baumes gefesselt sind, während ein Knäbchen, anscheinend weinend, in Brusthöhe auf ihrem
längs dem Körper hingestreckten linken Arme ruht. Am Fussende, heraldisch links gesehen, läuft ein Wolf mit einem zweischneidigen Schwert
im Maule fort, ein Lamm dagegen ruht daselbst zusammengerollt. Ohne Zweifel gehört dies Stück einem grösseren Gebilde an, das vielleicht
als Fries irgendwo einmal eine Wand geschmückt haben dürfte, und wird die Annahme gewiss zutreffend erscheinen, dass der ursprüngliche Platz
desselben in der Amalienburg gewesen ist.
4) Einige Notizen aus den Gottorper Amtsrechnungen über die bereits im historischen Theil dieser Monographie erwähnten Gartenkünstler
mögen hier Platz finden: 1655 werden für 10 Gesellen des herzogl. Gärtners = 613 Thl. ausgezahlt. 1656 wird der Lustgärtner
Johannes Clodius genannt, erhält das gewöhnliche Korbgeld mit 8 Rthl. und für eine Gartenscheere, die er aus Friedrichstadt
verschrieben, 5 Rthl. 24 Schlg. Gottorffer Ambtregister 1656 (Acta A. XXIV, Nr. 1017). 1653 wird ein Gärtner Hinrich Vache
(Acta A XXIV, 2288) genannt. 1681 erhält der Gärtner Michael Gabriel Tarter 200 Thl. p. A. 1689 wird Johann Kempen
zum Gärtner des Neuwerks ernannt, und vom 2. Aug. desselben Jahres datirt die Bestallung des Gärtners Peter Wulfen.
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