Die Petroleum- Und Benzinmotoren, ihre Entwickung, Konstruktion und Verwendung
Ein Handbuch für Ingenieure, Studierende des Maschinenbaus, Landwirte und Gewerbetreibende aller Art
Forfatter: G. Liecfeld
År: 1894
Forlag: Druck und Verlag von R. Oldenbourg
Sted: München und Leipzig
Sider: 226
UDK: 621.43
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Sechstes Kapitel.
Der Kolben eines gut gearbeiteten Motors mufs bei kaltem
und warmem Cylinder auf allen Stellen seiner Balm vollkommen
dicht halten; setzt man ihn in den Cylinder, ohne die Pleuelstange
mit der Kurbel zu verbinden, so soll er für stehende Bauart — bei
geschlossenen Ventilen und dichtendem Cylinderdeckel — von der
Luft getragen werden.
Ist eine besondere Gradführung durch Kreuzkopf nicht vor-
handen, so mufs der Kolben wenigstens IV2 Durchmesser zur Länge
haben. Je länger der Kolben ist, um so länger hält er auch dicht.
Eine Abnutzung von Cylinder und Kolben ist natürlich auf die
Dauer unvermeidlich; da letzterer der am leichtesten zu ersetzende
Teil ist, so mufs man ihn so herstellen, dafs er die Abnutzung
möglichst auf sich allein nehme.
Damit der Kolben trotz unvermeidlicher Abnutzung dennoch
für lange Zeit einen dichten Abschlufs gewährt, legt man in seinen
Umfang aufgeschnittene, elastische Ringe, welche sich stets an die
Cylinderwandungen anschmiegen und für Dichtung sorgen, auch
wenn der Kolbenkörper selbst schon abgenutzt ist.
Sollen die Kolbenringe ihren Zweck voll erfüllen, nämlich Ab-
nutzung und Dichtung auf sich nehmen, so müssen sie von weicherem
Material wie der Cylinder sein.
Die Form des Kolbenringes ist so zu wählen, dafs er mit allen
seinen Punkten gleichmäfsig gegen die Cylinderwand drückt. Nimmt
man den Kolben eines längere Zeit im Betriebe gewesenen Motors
heraus, so müssen die Ringe am ganzen Umfang gleichmäfsig blank
geschliffen sein.
Die Spannung der Kolbenringe darf nicht zu stark sein, es
würde das nur zu ihrer schnelleren Abnutzung führen und für den
Motor selbst einen Hemmschuh bilden.
Ferner müssen die Ringe, um »dicht zu halten«, auch die Nut,
in welcher sie liegen, genau ausfüllen; anderenfalls würden Gase
durch den seitlichen Spielraum des Ringes in der Nut innen herum-
streifen und dennoch ins Freie entweichen.
Die Ringe dürfen in ihren Nuten also nicht »klappern«,
sondern auch nach längerem Gebrauch den Raum immer noch aus-
füllen.
Da sich die Ringe im Laufe der Abnutzung nach und nach
ausdehnen, so mufs die Schnittfuge allmählich weiter werden und
den Gasen an dieser Stelle des Umfanges den Durchgang freigeben.
Um diesen Übelstand möglichst zu vermeiden, wählt man für die